Saisonthema Winter
festhalten
„Was nid hebt, das brämst.“
So witzig, dieser JO-ler Spruch auch klingt, man sollte sich nicht daran festhalten.
Am Fels kennen wir das Festhalten alle. Ein Griff, eine Schuppe, eine Kante, ein Henkel, ein Einfingerloch… Manchmal ganz entspannt, nach Lehrbuch mit gestreckten Armen, manchmal zittrig und verkrampft. Manchmal bombenfest, ein anderes Mal speckig und rutschig.
Im Winter, im Schnee, haben wir nicht immer einen sicheren Felsen. Wir vertrauen auf eine Eisschraube, eine T-Schlitzverankerung, manchmal auch «nur» auf das Bergseil unserer Seilschaft.
Solange alles gut geht, ist das kein Problem. Da fällt es leicht, sich festzuhalten. Selbst bei einer steilen Traverse mit den Skis oder mit Steigeisen und Pickel auf dem Gletscher – solange die Schneedecke gut aufgebaut ist und wir auf einer soliden Spur unterwegs sind, ist alles gut. Und solange das Metall unserer Ausrüstung im Eis hält, fühlen wir uns sicher.
Erst wenn der Schnee anfängt sich zu bewegen, die Spur unsicher wird und wir von der idealen Route abkommen, wird es unangenehm. Es droht, dass wir abrutschen, hinfallen und im «worst case» sogar abstürzen. In solchen Momenten möchte man sich nur noch festhalten – egal woran, Hauptsache, es hält und bewahrt einen vor dem Abgrund.
So wie wir uns in solchen Momenten einen sicheren Halt wünschen – ein festes Seil oder einen Felsen, auf welchem wir stehen können – kennen wir ähnliche Situationen im Leben. Ich möchte nicht um den heissen Brei herumreden, sondern komme direkt zur Sache: Jesus Christus ist diese rettende Hand. Er ist nicht nur für uns gestorben und hat uns unsere Schuld vergeben. Nein, er möchte uns auch begleiten. Er möchte diese Tour «Leben» mit uns gehen und uns führen. Er kennt den Weg für uns alle, ist ihn vor uns gegangen, kennt die Schlüsselstellen und die Orte, an denen wir «struggeln» werden. Er ist dieser sichere Fels, auf den wir vertrauen können. Er ist dieses feste Seil, an dem wir gesichert sind und er hält uns seine Hand hin, wenn wir sie brauchen, und lässt uns nicht mehr los. Wir brauchen uns bloss festzuhalten. Und dafür braucht es nicht einmal eine Lawine, brüchiges Eis oder einen Bergsturz. Wir dürfen uns jederzeit für Jesus entscheiden. Er wird immer für uns da sein.
Haltet euch fest! Es steht eine spannende Wintersaison bevor. Es erwarten euch verschiedene Touren, zahlreiche Gipfel, einzigartige Erlebnisse, attraktive Herausforderungen und eine wunderbare Gemeinschaft. Wir hoffen auf gute Bedingungen und Schneeverhältnisse und freuen uns darauf, Erinnerungen und Emotionen mit euch zu teilen.
Saisonthema Sommer
loslassen
Loslassen heisst sich trennen, verabschieden, einen anderen Weg gehen, verzichten, sich herausnehmen, …
Loslassen erleichtert, kreiert Leere, macht einsam, setzt frei, schmerzt, bereitet Freude, …
Loslassen ist mehr! Muss ich, will ich, darf ich, soll ich, kann ich loslassen?
Je intensiver sich dieses «Loslassen» in unseren Gedanken an Raum gewinnt, desto komplexer und facettenreicher wird es. Kürzlich trennte ich mich von meinem langjährigen Berggefährten. Er begleitete mich auf unzähligen, alpinen Touren, gab mir Halt und Sicherheit. Doch mein Bergschuh konnte nicht mehr repariert werden. Ich musste meinen Schuh, der mehr war als Leder, Gummi, Zwirn und Leim, loslassen. Gemeinsam Erlebtes verband uns, mit dieser Wehmut musste ich fertig werden.
Beim Loslassen sind wir oft ambivalent. Wir haben uns getrennt: Dabei Schmerz, Verlust, Erleichterung oder Freiheit erlebt. Neues ist möglich! In dieser Spannung leben wir, müssen Verantwortung übernehmen und entscheiden. Ebenso, wenn wir losgelassen werden.
Beim Bergsteigen lasse ich den sicheren Griff los, um … um den nächsten Griff zu fassen und weiterzukommen. Beim Glauben an Jesus Christus lasse ich «weltliche» Sicherheiten und Erwartungen los, damit ich Ihm näherkomme und mich in seine Abhängigkeit begebe. Täglich kann ich mich dafür entscheiden, und ich realisiere, dass Jesus mir vertrauter und kostbarer wird und die Beziehung zu Ihm sich vertieft.
Wenn ich festhalten will, muss ich auch loslassen können.
Marco Innocente